Sollte man überhaupt noch Fisch essen?
Am 26. März haben wir einen Beitrag veröffentlicht, indem wir u.a. den Einkaufsratgeber des WWF verlinkt haben und auch dazu aufrufen, nur nachhaltigen Fisch zu kaufen. Nachdem wir uns nun weiter informiert haben, noch mehr Zusammenhänge erkannt und noch viele Dutzend Berichte und Studienergebnisse aufgesaugt haben, müssen wir unsere Aussage hierzu ändern. Nachhaltiger Fischfang – geht das überhaupt?
Wie wir gelernt haben ist die Nachhaltigkeit des MSC mindestens fragwürdig, überall lesen wir Berichte zur Überfischung und gefühlt alle Fische wie Tunfisch, Wildlachs oder Schwertfisch sind völlig überfischt und vom Aussterben bedroht, Aquakulturen sind auch nicht gut (allein schon aufgrund der Frage, was die Tiere denn wohl essen …) – was kann ich denn dann eigentlich noch essen, wenn ich unbedingt Fisch essen möchte?
Nachhaltiger Fischfang – was ist das?
Nachhaltiger Fischfang – es gibt viele verschiedene Definitionen im Internet – und alle haben aus unserer Sicht eines gemeinsam – sie sind nicht unbedingt leicht verständlich.
Wir möchten nachhaltigen Fischfang deshalb anhand eines ganz einfachen Beispiels erklären:
Angenommen, in Deinem Gartenteich leben die letzten drei Goldfische der Welt. Jetzt geht Dein kleiner Bruder hin und wischt mit seinem riesigen Netz einmal durch den Teich. Einer kann entkommen, aber zwei Goldfische landen im Netz. Der dritte Goldfisch ist nun alleine. Fortpflanzen kann dieser einzelne Goldfisch sich nicht – sobald er stirbt, sterben die Goldfische aus. Das ist NICHT nachhaltig.
Industrieller Fischfang im 21. Jahrhundert
Generell gibt es im industriellen Fischfang zwei Hauptfangmethoden: Langleine oder Netz. Es gibt natürlich noch weitere Fangmethoden, diese sind aber im Vergleich mit Langleine oder Netzfischerei nicht ganz so verbreitet und werden deshalb hier nicht näher beleuchtet.
Möglichkeit 1: Langleinenfischerei
Das lesen wir immer wieder – aber was ist das eigentlich? Eine für den industriellen Fischfang genutzte Langleine besteht meistens aus einer Hauptleine, daran hängen unzählige Nebenleinen mit Haken. Diese Leinen sind oftmals mehrere hundert Kilometer lang und tragen bis zu 20.000 Haken. Diese Leinen werden meist entweder nahe der Wasseroberfläche oder nahe des Meeresgrundes angebracht.
Auch hier wieder ein Beispiel, damit Du es Dir die Dimensionen besser vorstellen kannst:
Setze Dich in Dein Auto und fahre auf die Autobahn – egal auf welche. Hier beginnt die Leine. Jetzt wechselst Du auf die rechte Spur, stellst den Tempomat auf 100 km/h und fährst eine Stunde geradeaus. Hier endet die Leine. Vielleicht. Vielleicht auch erst, nachdem Du weitere zwei Stunden im gleichen Tempo geradeaus gefahren bist. Ach ja – beachte bitte dass Du alle 5 Meter einem Nagel ausweichen musst.
Möglichkeit 2: Schleppnetze
Die Schleppnetzfischerei ist die zweite Variante des industriellen Fischfangs. Wie das funktioniert? Es handelt sich im industriellen Fischfang um ein von einem oder zwei Schiffen gezogenes Netz – bis zu 70m hoch und 120m breit, welches nach hinten schmaler wird. Viele dieser Netze werden direkt unter der Wasseroberfläche hergezogen, es gibt aber bspw. auch spezielle Schleppnetze, die bspw. für die Nordseekrabben oder für Schollen eingesetzt werden. Diese Netze wühlen sich sozusagen durch den Meeresboden und darin verfangen sich neben Krabben oder Schollen eben halt auch kleine Babyfische, Krebse, Rochen, Seesterne, Muscheln, …
Beispiel bezüglich der Dimensionen gefällig?
Hast Du schonmal auf einem Fussballplatz gestanden? So groß ist das Netz in etwa.
Nachhaltiger Fischfang mit Langleinen und Schleppnetzen?
Auch hier möchten wir wieder mit einem Beispiel arbeiten – fangen wir mal mit den Schleppnetzen an.
Stell Dir vor, Du würdest in Afrika Hyänen fangen wollen. Das will natürlich hoffentlich niemand und Hyänen stehen nicht auf unserem Speiseplan, aber die meisten Menschen mögen keine Hyänen, also sind sie vielleicht ein gutes Beispiel – denn was die Menschen nicht mögen, ist vielen von ihnen egal.
Du erspähst also zwei Hyänen, sie stehen gemeinsam mit vielen anderen Tieren mitten in der Savanne. Du spannst das Netz und rennst auf die Hyänen los. Sie können nicht entkommen und Deine Hyänenjagd war erfolgreich. Problem – was machst Du mit den 4 Elefanten, 3 Löwen, 12 Antilopen, 2 Nashörnern, der fünfköpfigen Giraffenfamilie, den 9 Gazellen und den 5 Erdmännchen, die sich ebenfalls in Deinem Netz befinden? Und vor allem – wenn das jemand sieht dass Du Löwen, Elefanten oder Giraffen fängst, würde man Dich wahrscheinlich wegen Wilderei entweder verhaften oder gleich erschießen, die Empörung wäre riesig.
Warum dieses Beispiel? Nun, leider ist es laut WWF so, dass für jedes Kilo „Zielfisch“ bis zu 20 Kilo Beifang in Kauf genommen werden. Und während die ganze Welt bei Giraffe, Löwe & Co. aufschreien würde, nehmen die meisten Menschen es bei Schildkröten, Haien und Delfinen einfach so in Kauf – damit der billige Fisch bloß weiterhin auf dem Teller landen kann.
Kommen wir zu den Langleinen.
Bei den Langleinen sprechen wir, wie oben erwähnt, von bis zu 20.000 Haken an einer Leine, die mehrere hundert Kilometer lang ist. Angenommen, wir wollen mit unserer 100km langen Langleine Tunfisch fangen. Tunfische fressen beispielsweise gerne Tintenfisch oder Heringe – also befestigen wir an unseren 20.000 Haken vorher gefangene Heringe und das Fleisch von zuvor gefangenen Tintenfischen. Im Ozean leben glücklicherweise nicht nur Tunfische – sondern auch Haie, Delfine, Schwertfische oder andere große Fische. Das Problem ist aber, dass auch diese anderen Fischarten gerne Makrele oder Tintenfisch fressen – und sich so für die Köder interessieren und daran verenden.
Mit der Nachhaltigkeit verhält es sich bei diesen beiden Methoden also unserer Meinung nach so wie im Beispiel mit Deinem kleinen Bruder und dem Gartenteich.
Industrieller Fischfang kann also nicht nachhaltig sein.
Beifang – das große Problem
Das große Problem ist also der Beifang.
Wie Du vielleicht weißt, muss man als Fischer in Europa eine Lizenz haben – diese Lizenz gilt dann meist für einen bestimmten Fisch. Angenommen Du hast die Lizenz für Tunfisch, dann darfst Du auch nur Tunfisch anlanden, also in den Hafen bringen. Du hast also meinetwegen 100kg Tunfisch gefangen – und wenn wir im schlimmsten Fall davon ausgehen dass Du die zwanzigfache Menge Beifang hast, dann sind das 2.000 kg andere Meeresbewohner.
Wenn Du die aber nicht anlanden darfst, hast Du nun zwei Möglichkeiten: entweder Du landest sie illegal an oder Du schmeisst diese 2.000 kg Fisch zurück ins Meer. Langleinen liegen aber meist tagelang im Wasser und in den riesigen Netzen ersticken viele dieser Fische oder werden schlicht und ergreifend erdrückt (stell Dir vor auf Dir liegt das Gewicht von ein paar hundert anderen Menschen). Das bedeutet, dass die meisten Meeresbewohner bereits tot sind wenn sie wieder ins Meer geworfen werden …
Alternative Fangmethoden – gibt es sowas?
Gibt es. Es gibt auch andere Möglichkeiten – zwei davon (es gibt noch weitere) möchten wir hier kurz ansprechen: da wäre zum einen die gute alte Angel und zum anderen ein ganz normales, kleines Wurfnetz.
Bei einer normalen Angel haben wir die Möglichkeit, einen bestimmten Fisch zu fangen. Beißt einer an, holen wir logischerweise die Angel ein und sehen, was wir fangen. Ist es der Fisch den wir wollten, super, Fisch vom Haken befreien und Abendessen gerettet. Ist es ein anderer Fisch, befreit man ihn vom Haken und wirft ihn zurück ins Wasser. Aber auch hier muss man aufpassen – es gibt auch bspw. Schleppangeln –
Für ein Wurfnetz, so wie es viele kleine Fischer benutzen, gilt das ebenfalls – man sieht was man fängt und man hat allein aufgrund der Größe schon nicht die Möglichkeit, hunderte Fische zu fangen die man gar nicht haben will. Hierbei handelt es sich um eine sehr selektive
Fazit von Ozeankind zum Thema „Nachhaltiger Fischfang“
So wie WIR Nachhaltigkeit verstehen, widersprechen sich die Begriffe „industriell“ und „nachhaltig“.
Wir haben deshalb entschieden, dass wir keinen einzigen Fisch mehr essen möchten, den wir nicht selbst gefangen haben oder bei dem wir absolut sicher sein können, dass er von einem kleinen lokalen Fischer stammt, den wir persönlich treffen. Und auch dann nur, wenn wir wissen dass die Bestände dieser Fischart nicht bedroht sind.
Das bedeutet im Umkehrschluss, dass wir in Ländern wie bspw. Deutschland keine Fischprodukte mehr konsumieren werden. Der Billigfisch der Discounter kommt sowieso nicht in den Beutel – aber auch bei Nordsee, Fischhandel Erna (die kauft auch nur auf dem Großmarkt) & Co. können wir uns einfach nicht sicher genug sein.
Alles andere, auch wenn einige Umweltorganisationen etwas anderes behaupten und sich bspw. auf den MSC berufen oder der Meinung sind, dass bspw. das Fischen mit einer Schleppangel oder ähnlichen Gerätschaften nachhaltig sei – ist aus unserer Sicht eben nicht nachhaltig und kann somit nicht von Ozeankind unterstützt werden.
Wir lieben Fische – schwimmend, im Meer.